Meine psychosomatischen Krankheitssymptome (D.A. sprach einmal davon, dass bei mir "Psyche
und Soma zusammengewachsen" seien), die meine Leistungs- fähigkeit und meine Motivation
so stark beeinträchtigten, dass sie mich in die Lebens- krise gleiten liessen, in der ich mir nur durch eine
Psychoanalyse Hilfe versprach, erwiesen sich, nachdem sie sich in der psychoanalytischen Behandlung als wenig
be- einflussbar gezeigt hatten, am Ende als chronisch; die Folge war, dass ich viele Jahre, bis zum Erreichen
des Rentenalters, berufs- und erwerbsunfähig war. So wird auch heute der Fortgang dieses Projekts der
Abfassung des Erfahrungsberichts, die sich jetzt schon über mehrere Jahre erstreckt, immer wieder durch
gesundheitliche Einschrän- kungen, von krankheitsbedingtem Antriebs- und Motivationsverlust unterbrochen.
Mein Leben nach der Analyse bei D.A. war geprägt durch sich abwechselnde Phasen von vegetativen
Erschöpfungszuständen, die den häufigen Erkältungen mit Bronchitis, Tonusverlust und
Kurzatmigkeit folgten, und kurzen Phasen relativer Normalität, in denen ich Dinge erledigen, Besorgungen
wie Einkäufe nachholen, Vorräte auffüllen musste, um für die Zeit, die ich wieder wegen
beeinträchtigter Motorik in der Wohnung verbringen musste, mit dem Lebensnotwendigen versorgt zu sein.
Häufig litt ich unter einer Störung des Bewegungsapparats, an Verkrampfungen u.a. der Bauch- muskulatur,
so dass ich, wenn ich auf die Strasse trat, nach ein paar hundert Metern nicht weitergehen konnte. Einige Wochen
lang versuchte ich halbe Nächte lang, die in meiner Brust steckende Bronchitis, auf die ich wie gegen einen
Feind in meinem Innern eine Wut entwickelt hatte, aus mir herauszuhusten; dabei lief ich im Zimmer auf und ab,
was unweigerlich die Erinnerung an die Wanderungen in der Zwei-Manns-Zelle des Stasi-Gefängnisses weckte,
in der ich über zwanzig Jahre zuvor fünf Monate, zeitweise gemeinsam mit einem Mit-Häftling,
verbracht hatte.
Angesichts solcher massiver Beeinträchtigungen und mit der Aussicht auf ein Leben als Invalide lag es
auf der Hand, dass wieder verstärkt Gedanken an einen Suizid auftraten, dazu konkrete Überlegungen,
wie ich ihn ausführen wollte: nämlich mich in einer kleinen fensterlosen Kammer, die ich abgedichtet
hatte, zu betäuben und den Tod durch Sauerstoffmangel herbeizuführen. Es war die Angst vor einem
Fehlschlag und wohl auch die fehlende gegen mich selbst gerichtete Agressivität, die zu einem solchen
Schritt erforderlich war – "Der bringt sich nicht um!" –, was letztlich den Ausschlag dafür
gab, dass ich den Suizidversuch abbrach und ich von da an keine ernsthaften Suizidabsichten mehr hegte.