Ich habe die Tiefen, die mein Leben nach der Analysezeit überwiegend bestimmten, aus dem Grund
ausführlicher dargelegt, weil ich auf einen Gedanken zu sprechen kommen möchte, der mir ein
gewisses Unbehagen bereitet: ich meine die Überlegung über das scheinbare Missverhältnis
zwischen dem Aufwand, den ca. acht Jahren Analyse allein bei D.A. (wenn ich versuche, die ungefähre
Anzahl der Stunden zu überschlagen, so komme ich auf etwa 800; die bis zu 400 Stunden der ersten Analyse
bei F.R. hinzugerechnet, komme ich auf weit mehr als eintausend Stunden), und dem Resultat, dem, was durch
diese extrem lange Behandlungsdauer letzten Endes bewirkt worden ist, wenn ich nur meine psycho-physische
Befindlichkeit in Betracht ziehe – dem gegenüber steht der Hochschulabschluss und ein fiktiver
Gewinn an Ansehen (ein abstract einer durch Erweiterung meiner Diplomarbeit entstandenen
Publikation findet sich inzwischen sogar im Internet) –, welche nachhaltige Verbesserung sie letztlich
für mein späteres Leben gebracht hat!
Mein Leben: am Rande der Gesellschaft, zwar nicht in völliger Isolation, doch ohne Partnerin oder sonstige
mir wirklich nahestehenden Menschen. Ein Gedanke ist, dass ich diese Erinnerungen aufschreibe, weil es keinen
vertrauten Menschen gibt, mit dem ich über diese Erfahrungen sprechen könnte – um es einfacher
zu sagen: keinen, der IHM, D.A., gleichkommt! So geht mit dem Niederschreiben meiner Erinnerungen natürlich
auch eine Wieder-Vergegenwärtigung seiner Person einher.
Ich komme noch einmal auf die Selbstverstümmelung des Outback-Wanderers und die Kompensationsleistung
zurück, die er vollbringt, die Transformation, die, einfach ausgedrückt, aus dem Verlust einen Gewinn
macht: ein Wechsel des Wertesystems, bei dem ein Verlust dem Leben einen neuen Wert verleiht (ein Beispiel für
einen solchen kompensatorischen Gewinn geben
auch die Behinderten-Sportler ab). Eine solche Transformation des Werte- und Orientierungs-Raums, in dem man sich
im Leben bewegt und nach dem man sich ausrichtet, stellt eine Umorientierung dar, die sicherlich über das
hinausgeht, was umgangssprachlich mit "Man muss umdenken" oder "man muss sich an die Realitäten anpassen"
zum Ausdruck gebracht wird.