Die Träume sind natürlich Ausdruck der Übertragung: Im Traum von dem Tankschiff und den
Versorgungsleitungen scheint der Analytiker eine mütterliche Funktion zu haben ("symbiotisch": der Begriff trifft es als Charakterisierung der Beziehung). In seiner anderen Funktion
als Ratgeber, als erfahrener älterer Mentor oder Coach, insbesondere was mein Verhalten
in meinen zwei Beziehungen zu Freundinnen betraf, die in den folgenden Jahren einen breiten Raum einnahmen
– übernahm er eher die Rolle eines (keinesfalls nach dem Vater geformten) Vorbildes, bei dem man
etwas abschaut oder von dessen Erfahrung man profitiert, der Ratschläge erteilte und der in manchen
Situationen meine Entscheidungen beeinflusste und mich einige Male daran hinderten, Fehler zu begehen.
Ich fürchte, das meiste aus der Zeit ist verschüttet, die Erinnerung daran verloren- gegangen,
so z.B. auch, wie ich auf den Tod meines Vaters reagiert habe. Hatte ich wirklich schon so weit mit ihm
abgeschlossen, dass sein Tod mich nicht mehr sonderlich berührte und ich auch keine Trauer empfand?
Eine Sehnsucht nach ihm habe ich nie verspürt, da lag Hass näher, und der war wohl längst
verflogen – falls ich in meiner abgestumpften Distanzierungs-Haltung jemals dazu fähig war –,
und ausserdem war er ja durch den Analytiker als Idealgestalt entwertet! Bei seiner Beerdigung war es mir
lästig, dem Zeremoniell an seinem Grab zu genügen, und ich überliess meinem Bruder die Rolle,
die mir als männlichem Familienältesten eigentlich oblag, nämlich die erste Schaufel Erde
auf den Sarg zu werfen.
Allerdings nehme ich heute in den unterschiedlichsten Situationen eine Identifi- zierung mit ihm wahr,
so bei bestimmten Körperhaltungen oder bei Bewegungen wie z.B., wenn ich mit der Hand etwas schreibe. Auf
meine teilweise zwanghafte Identi- fizierung mit gewissen Zügen, die ich als Kind an ihm beobachtete,
scheint die schon erwähnte Ferenczi'sche Bezeichnung Identifizierung mit dem Agressor
zuzutreffen. [Mit der Vorstellung von seiner Hand verbindet sich tatsächlich die agressive Handlung, die er
beging, wenn er mir "eine gelangt" hat.] Von D.A. bekam ich volle Unterstützung bei meinem Bestreben, sowohl mit
dem Vater als auch mit der Mutter innerlich abzu- schliessen. Vor allem durch meine Abkehr von der Mutter konnten
sich meine weiteren Beziehungen zu Frauen ohne ihre Einflussnahme, ja frei von einer Mutterbindung, zumindest
äusserlich, entwickeln.