Weitere Einzelheiten, die mein Verhältnis zur Analyse und zur Analytikerin beleuchten, betreffen auch ihre
familiären Verhältnisse: Sie hatte offenbar zwei Kinder; wobei ich mir nicht mehr sicher bin, ob ich
ihnen vielleicht sogar begegnet bin, oder ob ich etwas von ihrer Anwesenheit in der Wohnung bemerkt habe. Eine
Phantasie, Teil ihrer Familie zu sein, äusserte sich bei einer Gelegenheit, als ich einem ungefähr
Gleichaltrigen begegnete, dessen Name sich aus meinem Vornamen sowie ihrem Nachnamen zusammensetzte, in einem
Gedankenspiel: Fast zwangsläufig ging es mir durch den Kopf: "So würde ich heissen, wenn ich ihr Sohn
wäre".
Einmal bot sie mir, als ich eine Urlaubsreise antrat und sie ebenfalls nach Westdeutschland fuhr, sogar an, mich
in ihrem Wagen mitzunehmen. Auf dieses Angebot hin verschloss ich mich augenblicklich bei der Vorstellung –
dies war wirk- liches Leben ausserhalb der Analyse! –, über einen längeren Zeitraum mit einem
unbehaglichen Gefühl, unfähig, natürlich und entspannt zu sein, überwiegend schweig- sam neben
ihr zu sitzen, blockiert und geschrumpft, in Selbstentwertung versinkend, unter dem Druck, einen unterhaltsamen
Reisebegleiter abzugeben, nicht zu wissen, was ich sagen könnte. So lag es nahe, dass ich ihr Angebot nicht
annahm. [Ein Gedanke, der mir damals nie in den Sinn gekommen wäre: möglicherweise war es ein Angebot,
das sie keinem anderen ihrer Patienten gemacht hätte.] Es bedeutete aber wohl auch – handelte es sich
vielleicht um meine Reise, die sich an die Beendigung anschloss? –, dass die Analysesituation im strengen
Sinn aufgehoben war.
Als wir einmal über den unbefriedigenden Verlauf der Analyse sprachen, begann ich mit einem versteckten
Vorwurf über die begrenzten Möglichkeiten der zur Zeit (vor allem in Deutschland?) praktizierten
Psychoanalyse zu diskutieren und brachte u.a. W.Reich, dessen Charakteranalyse ins Spiel,
als vielleicht "potentere" psychoanalytische Methode. F.R. hatte sich, wie sie sagte, mit W.R. und der von ihm
propagierten Widerstandsanalyse im Rahmen ihrer Ausbildung "intensiv beschäftigt". Über
ihre Arbeit bemerkte sie, dass sie mit der von ihr angewandten Methode weniger schwere Fälle von Neurosen
erfolgreich behandeln konnte und dass für mich wohl eher andere Therapieformen in Betracht kämen.
Das Resultat all dieser Überlegungen war für mich, dass ich zu dem Schluss kam, wohl in die Kategorie
Nicht analysierbar zu fallen.
Um einen Begriff vorwegzunehmen, der in meiner zweiten Analyse bei D.A. eine zentrale Rolle spielte: es war mein
Ressentiment, das unbewusst dazu beitrug, dass die Analyse nicht die angestrebte Heilung
erreichte: Sie, die Analytikerin, hätte durch einen Erfolg an Macht gewonnen – die gleiche Macht, die
meine Mutter über mich gehabt hatte –; das durfte ich nicht zulassen, dagegen wurde in meinem Innern
eine Gegenkraft mobilisiert, wie es in dem Bären-Traum zum Ausdruck kam. Ich weiss nicht, ob es hier berechtigt
ist, das Unbewusste zu bemühen: Es könnte auch ein Schuldgefühl gewesen sein,
das sich eher aus der Übertragungssituation ergab: ihr nicht den Behandlungserfolg beschert zu haben, den
sie als Bestätigung ihrer professionellen Fähigkeit als Analytikerin anstrebte, so wie ich für
meine Mutter nicht der ideale Sohn sein konnte, den sie sich gewünscht hatte.