Vorgreifend möchte ich einen Traum, der vielleicht der erste dieser Art überhaupt gewesen ist (und der eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Traum aus der ersten Analyse – dem Traum von der Verfolgenden Siegessäule – hatte), berichten: Ich befinde mich irgendwo in Mittel- oder auch Westeuropa, habe den Eindruck von einer unbewohnten Landschaft, von Wäldern, wobei ich von einem erhöhten Standpunkt oder in der Luft schwebend mit einer Art von Fernblick über sie hinwegzublicken scheine. Jedenfalls sehe ich in der Ferne, in Richtung Spanien oder Marokko, eine monumentale Statue, allerdings perspektivisch verkleinert. Sie erinnert an das Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald, das ich in der Grundschule einmal mit der Klasse und in Begleitung beider Eltern (mein Vater war Lehrer) besucht habe. Andererseits liegt natürlich auch die Assoziation an Atlas, den Titan aus der griechischen Mythologie, nahe. Was die räumliche Dimension "in weiter Ferne" betrifft, so lässt es sich, in die Zeitdimension transformiert, auch als "in ferner Vergangenheit" deuten.
Eine Erinnerung aus der Anfangszeit, die vielleicht nicht in einem zeitlichen, so aber doch in einem thematischen Zusammenhang mit dem Traum steht und die einen Hinweis auf meinen damaligen Geisteszustand gibt: Ich hatte das Gespräch auf mein Musik-Hör-Erleben gebracht, auf den Eindruck, den Mahlers Erste Sinfonie (Beiname: Der Titan) auf mich gemacht hatte. Dabei war mir herausgerutscht: Soetwas Grosses müsste man auch schaffen.
Ich gebe obigen Traum hier wieder (ob und wie wir ihn in der Analyse besprochen haben, daran kann ich mich
nicht mehr erinnern), auf den ich mir gemäss der Kohut'schen Narzissmus-Theorie "einen Reim mache" als
symbolische Manifestation des Grössen-Selbsts – in Einklang mit der von der Psychoanalyse postulierten
Bedeutung von Träumen, deren Sinn sich, entsprechend der Freud'schen Theorie, durch Deutung (die Via regia) beispielsweise mittels Assoziationen erschliesst. In dem Bestreben, den Sinn dieses wie noch
einer Reihe späterer Träume zu verstehen, mache ich mir auf der Grundlage des auf der Psychoanalyse
beruhenden Vorwissens, in erster Linie der Kohut'schen Annahmen, die ich mir zu eigen gemacht habe, "einen Reim"
darauf. Aber ist diese Deutung wirklich überzeugend, oder habe ich mir damit nur etwas
zusamengereimt?
Die Assoziation, die zum Vater führt, könnte auch auf den – in ferner Vergangenheit liegenden
– Vaterkonflikt hindeuten. Aber ist nicht der übergrosse Vater der Kindheit die Vorlage für das
Grössen-Selbst, als Ausdruck des Bestrebens, den Vater an Grösse noch zu übertreffen und somit
der Allergrösste zu sein? Aber ich habe jetzt den Eindruck, mich zu weit aus dem Fenster gelehnt zu haben,
indem ich hier darüber schwadroniere, wie der Konflikt mit dem Vater (Ödipus-Komplex)
und die Theorie vom Grössen-Selbst miteinander in Beziehung zu setzen sind.