Auch hatte sich dadurch mein Status geändert: auf der einen Seite war ich immer auf der Hut vor den
Kollegen in der Arbeitsgruppe, fühlte mich ja immer als Aussen- seiter; mein Misstrauen ihnen gegenüber
während der Prüfungen war so weit gegangen, dass ich die Termine vor ihnen geheimgehalten und ihnen
erst nach der letzten eröffnet habe, dass ich bestanden hatte. Mein Motiv war dies: ich wollte ihnen
keine Gelegenheit geben, durch Bemerkungen, etwa von der Art, ob ich mir denn sicher wäre, dass ich es
schaffe, auf mein Selbstbewusstsein Einfluss zu nehmen und mich zu verunsichern.
Auf der anderen Seite bekam ich Anerkennung, gewann Ansehen, um einen früher von
D.A. ins Spiel gebrachten Aspekt aufzugreifen. Meine Arbeit wurde von Seiten des Instituts als Publikation der
Arbeitsgruppe – mit meinem Namen als Co-Autor – ver- öffentlicht und, soweit ich mich erinnere,
in ein- oder zweihundert Exemplaren gedruckt. Darüber hinaus stand nach Abschluss dieser Arbeit im Raum,
dass ich gleich noch den Doktor folgen lassen könnte. Meine Bemühungen in dieser
Richtung waren jedoch erfolglos, und der Kommentar eines Kollegen – "Sie schaffen es nicht" –,
der vielleicht gar nicht einmal bösartig gemeint, vielmehr dazu gedacht war, mich auf den Boden der
Tatsachen zurückzuholen, bestärkten mich in der Gewissheit, im Wissenschafts- und Forschungsbetrieb
nicht bestehen zu können. Ich hatte letzteren ja schon als Haifischbecken charakterisiert,
in dem ich mich nur dank der Analyse für eine gewisse Zeit (wie schon erwähnt acht Jahre) habe
halten können. Dennoch: es blieb ein Gefühl der Scham darüber, mich einer Illusion hingegeben
zu haben.
Was ist aus heutiger Sicht an diesen Erinnerungsfetzen, abgesehen von dem Umstand, dass sie sich in
mein Gedächtnis eingegraben haben, als sei es gestern gewesen, noch bemerkenswert? Es
geht dabei vor allem um meine narzisstische Empfindlichkeit, die Bereitschaft, mir ein
herabsetzendes Urteil, auch wenn ihm miss- günstige Motive zugrundeliegen, zu eigen zu machen, d.h. es
den eigenen Zweifeln an meinem Wert zuzuschlagen. Eine weitere mich betreffende Einschätzung, von der ich
nicht weiss, ob ich sie als negativ auffassen sollte, wurde mir durch eine Äusserung des
Arbeitsgruppenleiters zuteil, ich hätte ein "Poker-Face". Im Zusammenhang mit meiner psychischen
Gesamtsituation und angesichts meines Haifischbecken-Gefühls glaubte ich mich mit
dem Ruf, nicht leicht durchschaubar zu sein, auf der "sicheren Seite".