Wieder nahm die Beziehung, jetzt also mit K., in den Analysestunden einen breiten Raum ein, aber ich hatte den Eindruck, dass D.A. sich mit Einflussnahmen mehr zurückhielt als während der Zeit mit S., als seine Intervention, wenn ich mal unschlüssig bis entmutigt war, in einer Aufforderung gipfeln konnte, wieder zu ihr zu fahren. Jetzt sollte ich, so war mein Eindruck, mehr allein zurechtkommen, selbst das Richtige tun, mit der Konsequenz, dass ich auch selbst die Verantwortung für das tragen musste, was sich aus meinem Handeln ergab. So machte ich gleich an einem der ersten (oder war es sogar der erste?) gemeinsam verbrachten Abende einen groben Fehler, indem ich, meine frühere Erfahrung mit S. in den Wind schlagend, die Initiative ergriff und sexuellen Verkehr mit ihr hatte, was leicht auf einen One-Night-Stand hätte hinauslaufen können und was von ihr allem Anschein nach so gedacht war. Als ich in der Analysestunde darüber berichtete, äusserte D.A. sich besorgt, es wäre besser gewesen, ich hätte mich an die Regel gehalten, sprich: es vorerst noch nicht zum Sexualverkehr hätte kommen lassen, sondern ihn wie damals mit S. noch eine Weile hinauszuschieben.

    Es ging dann doch gut, nach dem Sex in der ersten Nacht war es ein bisschen so, als hätte er nicht stattgefunden; obwohl sie, als ich das nächstemal zu ihr kam, ein Arrangement getroffen hatte – sie hatte eine Tasche von mir gleich neben der Tür hingestellt –, als ob ich meine Sachen nehmen und wieder gehen könnte. Ich blieb dann doch länger, und es folgte anschliessend eine Periode, in der wir abends zusammen sassen und ausschliesslich redeten, wobei ich die überwiegenden Zeit den Zuhörer abgab, eine Rollenverteilung, die bei K. schliesslich zu der Reaktion führte, sie habe das Gefühl, sich zu entleeren "wie in einen Mülleimer".

    Es scheint, dass ich mich bei jedem neuen Anlauf, mit dem ich mich in die Zeit meiner Beziehung zu K. zurückzuversetzen suche, mich von neuem mit dem zwie- spältigen Gefühl abplagen muss, von dem meine Erinnerung begleitet ist. So ergeht es mir mit der Erinnerung an unsere erste gemeinsame Reise, eine Kurzreise um die Osterzeit nach Italien. Wir kannten uns erst wenige Wochen, fuhren aufs Geratewohl mit ihrem VW-Käfer los (ich hatte zu der Zeit keinen Wagen mehr), und jede Entschei- dung, die wir gemeinsam treffen mussten, in welchem Hotel wir übernachteten, welches Ziel wir eigentlich ansteuern sollten, erwies sich als kniffliger Drahtseilakt, weil sie nicht wirklich wusste, was sie wollte, und daher letztlich meine Vorstellung den Ausschlag gab, was ich aber vorsichtig verschleiern musste, damit sie nicht in der zweifellos vorhandenen Einstellung bestätigt wurde, dass sie von Männern nur dominiert wird. Indem ich die Entscheidungen als unsere gemeinsamen darstellte, gelang es mir schliesslich, sie am Gardasee vorbei über den Appennin hinweg zu den Cinque Terre zu lotsen, wo wir uns in einem kleinen Ferienappartement einquartieren konnten. Wie es mit dem Sex war, ob wir vor unserer Rückfahrt überhaupt einmal miteinander verkehrt haben, bleibt in meiner Erinnerung im Dunkeln; jedenfalls schliefen wir die ersten Nächte getrennt in zwei nebeneinander liegenden Zimmern.