Bei K. trug dieses konfliktreiche Bruderverhältnis offenbar zu ihrer problematischen Beziehung
zu Männern bei; die tieferen Ursachen waren aber sicherlich in ihrem Verhältnis zu ihrer Mutter zu
suchen, die sie mit narzisstischer Zuwendung bei gleich- zeitiger Kühle dem Vater gegenüber an sich
gebunden, sie mit selbstgenähten Kleidern zu einer Art Model gemacht hatte und jedes
Wochenende ihren Anruf erwartete. Sie war verheiratet gewesen, hatte danach weitere Beziehungen gehabt; die
Geschichte ihrer letzten Beziehung, deren chaotischen, von Demütigungen geprägten Verlauf, hatte
sie aufgeschrieben und mir zu lesen gegeben. Mein strukturiertes Leben mit der Arbeit am K.-Institut und dem
wenn auch undeutlichen Ziel kam ihr sicherlich zustatten – das hat sie zweifellos später so gesehen
–, denn offenbar brachte mein Beispiel vor Augen sie dazu, ebenfalls ihr abgebrochenes Studium wieder
aufzunehmen und schliesslich das Staatsexamen nachzuholen.
Meine Erinnerungen an das Analysegeschehen in dieser Zeit sind ziemlich schemen- haft, so ist mir nur
noch undeutlich gegenwärtig, wie sich das erfolgreiche Erlangen des Diploms ausgewirkt hat. Eine Reaktion
war die, dass ich, nachdem die erste Erleich- terung sich verflüchtigt hatte, keineswegs in eitel Freude
schwelgte, vielmehr war ich verstockt aus Unzufriedenheit, weil meinem Anspruch nach das, was ich jetzt mit
solcher Verspätung erlangt hatte, mir doch immer zugestanden hatte. An ein Vorkomm- nis erinnere ich
mich mit Unbehagen: als ich dem Gutachter meiner Diplomarbeit nach bestandenem Diplom einmal auf dem
Institutsgelände begegnete, blickte ich kurz auf, er sah mich auch, doch ich ging, als wenn ich ihn
nicht kennen würde, ohne ihn zu grüssen an ihm vorbei. Andererseits ermutigte mich mein
gesteigertes Ansehen, das mir das Diplom einbrachte, neue Kontakte aufzunehmen, mit Institutsmitarbeitern
in anderen Bereichen, sowie mit Mitarbeitern in verschiedenen Werkstätten, wenn es um die Anfertigung
bestimmter Teile oder Apparaturen ging.
In meinen Träumen spiegelte sich meine Tätigkeit an dem Institut wider; undeutlich erinnere ich
mich an einige, in denen ich mich auf dem Institutsgelände befinde – ich dringe wohl auch heimlich
und in Angst, entdeckt zu werden, in das Gelände ein –, unbekannte Bereiche betrete, aber auch
an ein Umherirren in anderen grossen Gebäuden, Universitäts- oder Gerichtsgebäuden mit vielen
Gängen, in denen ich offenbar die Orientierung verloren habe. Aber möglicherweise greife ich hier
schon auf die von Resignation bestimmte Endphase vor.
Ein Traum, der meine Situation, die Tätigkeit im Labor widerspiegelt: Ich sehe vor mir eine Vakuumpumpe von der Art, mit der ich mein Experiment betreibe. Es handelt sich um eine sogenannte Turbopumpe, also um eine Hochleistungspumpe, die die Form eines vielleicht einen halben Meter hohen Zylinders hat. Sie hat (im Traum) eine Besonderheit. sie ist nämlich vergoldet. Aufrecht stehend, symbolisiert sie Selbstbewusstsein, Hochgefühl; sie steht also als ein Symbol für meine Selbst-Idealisierung.