Es gab zwischen uns zunehmend Irritationen: sie war aus einer gemeinsamen Lebensgestaltung faktisch ausgestiegen,
fasste einsame Entschlüsse, nahm Verände- rungen vor – indem sie ihr grosses, "unser" Zimmer
für ihren Sohn einrichtete und sich selbst in das viel kleinere zurückzog, zeigte sie an, dass ihre
narzisstische Besetzung ganz auf ihn übergegangen war, und zudem, dass ihre Zukunftsplanung mich nicht mit
einschloss – und verreiste kurzfristig ohne Ankündigung, mit einem Wort: sie ging eigene Wege. So
zog sie mich auch nicht zum gemeinsamen Begehen ihres bestandenen Staatsexamens hinzu, obwohl ihr bewusst sein
musste, dass mein Beispiel sie zu ihrem erneuten Anlauf ermutigt hatte, dass ich ebenso auf diesen Augenblick
gewartet und keinen Grund hatte, ihr den Erfolg zu neiden.
Schliesslich machte ich den letzten Schritt. Nachdem in einer Analysestunde D.A. seine Zustimmung gegeben hatte,
fuhr ich noch am selben Abend zu ihr, regelte kühl und geschäftsmässig noch die letzten offenen
Angelegenheiten (um ihr das Geld, das ich ihr noch schuldete, zwei- oder dreihundert DM, wenn ich mich richtig
erinnere, überweisen zu können, liess ich mir von ihr die Kontonummer geben) und sagte ihr, dass unsere
Beziehung beendet sei. Beim Weggehen – sie kam noch mit herunter auf die Strasse – drehte ich mich
reflexartig noch einmal nach ihr um, wohl um ein letztes Bild von ihr mitzunehmen. Mein Gefühl nach
vollzogener Trennung war immer, dass eigentlich nicht ich es war, der Schluss gemacht hat, sondern dass ich ihr
im Grunde nur abgenommen habe, wozu sie aufgrund einer inneren Blockade nicht imstande war, nämlich ihren
Wunsch nach einer Beendigung auszusprechen, wozu sie sich innerlich längst entschieden hatte.
An dieser Stelle hatte ich meine Arbeit an dem Bericht vorerst abgebrochen
Nach einer Pause von drei oder vier Monaten versuchte ich den Faden wiederaufzu- nehmen, den ich verloren
hatte bzw. der mir nach den zuletzt berichteten Ereignissen, insbesondere den Einzelheiten der Trennung von K.,
soweit sie in meiner Erinnerung noch präsent sind, entglitten war. Die tiefere Ursache für meinen
Motivationsverlust schien auf der Hand zu liegen: das, was noch vor mir lag, erschien mir eher als bedrückend;
die letzten zwei oder drei Jahre der Analyse, die von Stillstand und Resignation geprägte Endphase, von der
ich noch zu berichten hatte, schien mir nicht mehr mitteilenswert. Parallel dazu kam das Ende meiner Zeit an dem
Institut, meine erfolglose Bemühung, zu bleiben (ich hatte mich vergeblich um eine zeitlich befristete Stelle
beworben), nur mit Werkverträgen konnte ich mich noch eine Weile an ihm halten. Mit der Erinnerung an die
Analysestunden, die ich in zunehmender Resignation, häufig die Hälfte der Zeit schweigend auf der Couch
liegend, verbrachte, kam sie wieder hoch, ich wurde erneut von ihr erfasst, wodurch auch meine Arbeit ins Stocken
geriet. An einem Punkt angelangt, dass es sich nicht lohne, dieses Projekt fortzusetzen, blieb nur noch, es
vorläufig aufzugeben.