Einige Träume, die ich dem fortgeschrittenen Stadium der Analyse zuordne, sind mir wegen ihrer
charakteristischen Symbolik im Gedächtnis geblieben. Da sind einmal Träume, von denen sich meistenteils
nur Bruchstücke, Bilder mit nachhaltiger Aussage- kraft, erhalten haben, von imposanten, auch monumentalen
Bauten, die ich im Sinne der Narzissmus-Theorie als symbolische Darstellungen des Selbst-Ideals
beziehungs- weise des Grössen-Selbst gedeutet habe.
In einem Traum bin ich in Italien, ausserhalb von Florenz: Ich wandere einen leicht ansteigenden Weg entlang
und habe einen Blick auf die in einiger Entfernung liegende Stadt. In dem hellen Licht ragt vor allem der Dom
mit seiner Kuppel heraus, ich weiss nicht mehr, ob sie (im Traum) vergoldet ist, oder ob im Sonnenlicht bloss
ein schimmernder Eindruck entsteht.
Ein weiterer Traum scheint eine Variante des letzteren zu sein: Diesmal befinde ich mich in meiner
Hinterhaus-Wohnung in B. Ich blicke vom Fenster aus in die Richtung, in der das Charlottenburger Schloss
liegt. Über die Dächer hinweg habe ich einen freien Blick auf seine Kuppel, die vergoldet ist und
im Licht glänzt. [In Wirklichkeit hatte ich von der damaligen Wohnung aus (ebenso wenig wie von der
derzeitigen) keinen freien Blick auf das mehrere Kilometer Luftlinie entfernt liegende Schloss, noch ist
seine Kuppel vergoldet; nur die Figur auf ihrer Spitze.]
Ein Traum hat eine klassische dreigeteilte Form:
Im ersten Teil gehe ich einen Weg oder eine Strasse entlang, an der ein Hochhaus steht, ein turm-artiger
Bau, der einen etwas düsteren Eindruck macht, vielleicht durch dunkel getönte Scheiben. Es ist
sicherlich kein Wohnhaus, sondern ein Büro- und Geschäftshaus. Es scheint verlassen zu sein, vielleicht
weil es Nacht ist. Ich bleibe davor stehen, blicke hinauf und dann nach unten: mir scheint, dass es "auf den
nackten Fels" gebaut ist.
Im zweiten Teil komme ich ein Stück weiter an dem Weg, aber auf der linken Seite, zu einem
Schwimmbecken, es hat klares, leicht grünliches bzw. türkisfarbenes Wasser. Ich beobachte, wie jemand
vom Rand mit einem Kopfsprung hineinspringt und ein Stück taucht und dann vielleicht an einem Ende des Beckens
wiederauftaucht und heraussteigt.
Im dritten Teil bin ich in einer fremdartigen Gegend, vielleicht in Süditalien, in einem Dorf mit kleinen,
niedrigen Häusern, eher Hütten, und verwinkelten Gassen, in denen man sich verlaufen kann. Hier
findet offenbar, nach dem grandiosen Männlichen und dem Eintauchen in das Weibliche (das Becken!) ein
unscheinbares, anspruchsloses Alltagsleben statt, als krasser Gegensatz zu der vorangegangenen spektakulären
Symbolik.