Es war immer wieder ein Motiv, das in Phasen der Selbst-Entleerung in unter- schiedlichen Varianten in meinen Träumen auftauchte: die Entdeckung, dass mir etwas abhanden gekommen ist, nachdem ich die Kontrolle darüber verloren habe, oder beraubt worden zu sein:
Ich bin unterwegs, reise in einem fremden Land, gehe mit einem Koffer oder einer Reisetasche in ein Hotel, eine Herberge. Dort bekomme ich einen Schlafplatz, gehe dann weg, um andere Dinge zu unternehmen, und lasse den Koffer zurück. Als ich zurückkomme, ist entweder der ganze Koffer ver- schwunden, oder er wurde durchwühlt und ausgeplündert. Ich suche nach der Brieftasche, sie ist entweder ganz weg oder leer, und das Geld ist weg.
Ich hatte mich für die Vorstellungen von Wilfred Bion interessiert, die er in seinem Buch Learning from Experience darlegte, mit dem anschaulichen Container/ Contained-Konzept, das mir einen Deutungsansatz für Träume wie den obigen zu bieten schien: der Container, symbolisch dargestellt als Koffer, Rucksack, Tasche, Geldbörse u. dgl., als Voraussetzung für die Aufnahme von Wertstoffen resp. die Verinnerlichung von "inneren Objekten" (M.Klein); dieser Behälter selbst erworben im Kontakt mit der Mutterbrust, durch Verinnerlichung des mütterlichen Containers, in dem der Säugling sich als vollständig aufgehoben erlebt. Die Intaktheit des Behälters wiederum ist Voraussetzung für die Erfüllung seiner Funktion, des Be- und Zusammen-Haltens seines Inhalts.
Ein Traum: Ich trage einen Karton mit niedrigen Seitenwänden, darauf stehen mehrere Milchflaschen. Ich habe den Karton nicht richtig unter Kontrolle, auch scheint er an einer Seite beschädigt zu sein, eine der Milchflaschen beginnt zu schwanken und kippt um. Dabei fliesst ein Teil der Milch aus.
Es liegt nahe, auch den Traum vom Stausee, aus dem das Wasser ausströmt, in diesem Zusammenhang zu
betrachten: der Stausee/Container ist nicht ausreichend für die Wassermassen, seine Wände, der
Damm nicht stark genug, um dem Druck standzuhalten. Das Wasser – von D.A als in früher Kindheit
zurückgehaltenes Weinen gedeutet – ergiesst sich unproduktiv, wenn nicht gar zerstörerisch
über differenzierte seelische Inhalte und Strukturen. Ist es weit hergeholt, im Anklang an
wetterbedingte Naturkatastrophen bei diesem psychischen Geschehen von einer Katastrophe der
Depressiven Phase (M.Klein) zu sprechen?
Ein paar Wochen, nachdem ich die letzten noch nicht berichteten, mir wichtig erscheinenden Träume
aus der Zeit gegen Ende sowie nach der Analyse nachgetragen und den Bericht mit den vorangegangenen
ergänzenden Ausführungen und Anmer- kungen zu einem einigermassen geordneten Abschluss gebracht
hatte, hatte ich in einem Traum noch einmal eine Begegnung mit D.A.: Wir trafen uns auf der Strasse, als
ich anscheinend aus einem Gebäude trat, vielleicht ein Schul- oder Gerichtsgebäude, das ich mit
seinem massiven dunklen Gemäuer hinter mir spürte. Anscheinend befan- den wir uns in oder am Rand,
vielleicht an der Stadtmauer einer historischen Altstadt, die an Görlitz erinnerte. Wir gingen ein
Stück nebeneinander in eine Strasse hinein, und ich sagte zu ihm etwa: Ich denke, ich bin da durch.
Darauf er: Ja, Sie haben es durchgestanden.