Zurück in die Vergangenheit

Ein weiteres Kapitel


    In diesem Kapitel wird die Zeit meiner Haft von einem Jahr wegen Fluchthilfe, die ich von April 1962 bis April 1963 in Ost-Berliner Gefängnissen abgesessen habe und die mir in den Jahren nach dem Mauerfall durch eine Reihe von Fernsehberichten über Flucht-Geschichten, Tunnelbauten usw. wieder in Erinnerung gerufen wurde – ich selbst wurde noch einmal mit dieser Vergangenheit konfrontiert, als ich als Zeuge zu einem Prozess vorgeladen wurde, in dem es um einen Mauer-Zwischenfall im Jahr meiner Verhaftung ging (und dem ich mittels eines Attestes fern blieb) –, übersprungen.

    Nach meiner Entlassung nahm ich mein Physik-Studium, das nach einem Semester in Berlin durch die Haft unterbrochen worden war, wieder auf, d.h. tatsächlich begann ich es noch einmal von vorn, und zog es in den folgenden zwei Jahren bis zum Vordiplom ohne grosse Probleme durch. Die stellten sich erst danach ein, als ich wegen meiner Unfähigkeit, vor Zuhörern zu sprechen, ausserstande war, mich in den anstehen- den Seminaren zu den obligatorischen Vorträgen zur Erlangung eines Seminarscheins zu melden.

    Ich hörte faktisch auf, das Studium weiter ernshaft zu betreiben, besuchte Vor- lesungen u.a. über Literatur, sowie Veranstaltungen, die die "68er"-Studentenbewegung einleiteten bzw. ihr vorangingen; so die Podiumsdiskussion im Audimax der FU am Vorabend des 2.Juni 1967. Im Verlauf der Anti-Schah-Demonstration vor der Deutschen Oper erhielt ich einen Schlag mit einem Polizeiknüppel auf den Kopf und wurde wegen des Verdachts auf eine Gehirnerschütterung in ein Krankenhaus gefahren. Dem schloss sich ein weiterer Krankenhausaufenthalt an, bei dem zunächst mein labiler Kreislauf und die Durchblutungsstörungen Gegenstand der Therapie waren, bestehend u.a. aus kalten Abspritzungen sowie einer Unterweisung im Autogenen Training. Diese Krankenhausaufenthalte, die Ausdruck und Folge der schweren Krise waren, in der ich mich befand, wurden zu einem Wendepunkt in meinem Leben, da sie mich in einen realen Kontakt mit der Psychoanalyse brachten, mit der ich mich bis dahin nur theoretisch durch Lektüre befasst hatte, und zwar durch die Begegnung mit Dr.A., der im wahrsten Sinn des Wortes einen Blick für meine tieferliegende Problematik hatte, die u.a. in meiner Erythrophobie, dem Rotwerden, sichtbar in Erscheinung trat. Er äusserte seine Meinung, dass meine psychischen Probleme nur mit einer Psychotherapie angegangen werden könnten, und vermittelte mich an eine Kollegin, Fr.R., bei der ich eine Analyse begann, und nahm mich einige Jahre später selbst als Patienten an.