Zurück in die Vergangenheit ...

... sie bringt sich immer wieder in Erinnerung


    Die Schreibmaschine, eine Reiseschreibmaschine der Marke Tippa, war mein Instrument, das mir dazu diente, meinem alltäglichen Leben, meiner Tätigkeit als Physiker im Labor, die im Umgang mit Messapparaturen, mit Vakuumpumpen, im Bedienen von Tischcomputern (es waren die siebziger Jahre und die Rechner auf entsprechendem Stand!) usw. bestand, zeitweise zu entfliehen und ein zweites verborgenes Leben zu führen. Dieses andere Leben war eng verknüpft mit der Psychoanalyse, die ich damals machte; sie war meine wesentliche Stütze bei der Bewältigung meines Lebens- und Arbeitsalltags. Aus ihr bezog ich den Antrieb, der mich überhaupt erst in die Lage versetzte, den Labor-Job, durch den mir gleichzeitig die Möglichkeit geboten wurde, ein abgebrochenes Studium wieder aufzunehmen, über mehrere Jahre hinweg durchzustehen und das Studium erfolgreich mit einem Diplom abzuschliessen. So schrieb ich zunächst hauptsächlich meine Träume auf, wodurch nach und nach ein mehrere Jahre umfassendes Traum-Tagebuch entstand.

    Später kamen weitere Projekte hinzu: so versuchte ich mich an Übersetzungen aus dem Französischen; wenn ich mich nicht irre, gab mir mein Analytiker Dr.A. die Anregung dazu. Schon ein paar Jahre zuvor hatte ich als Mitglied eines Übersetzer- Teams im Auftrag eines kleinen Verlages ein Teilstück eines Buches von André Gorz über die Ökonomie Chinas, eine wegen der maoistischen Kulturrevolution zu der Zeit gerade aktuelle Thematik, aus dem Französischen übersetzt; unterstützt wurde ich dabei von einer französischsprachigen Freundin sowie einer WG-Mitbewohnerin, der ich den Text "in die Maschine" diktierte. Von demselben Autor gab es auch eine Autobiografie mit einem Vorwort von Sartre; diese Autobiografie mit dem Titel Le Traître ("Der Verräter") nahm ich mir vor. In ihr beschreibt der Autor, der als Gerhart Hirsch in Wien geboren wurde, seine Jugend in Oesterreich bis zum "Anschluss" im Jahr 1938, als er – er war Halbjude – in die Schweiz ging, dort die Schule beendete und sich später aus Überzeugung zu einem Franzosen machte, etwa so, wie wenn man zu einer anderen Religion konvertiert. Sein "Verrat": an seinen oesterreichischen Wurzeln, an seiner bürgerlichen Herkunft – für ihn, den marxistischen Intellektuellen, auch ein "Klassen- verrat" –; gleichzeitig änderte er seinen Namen in André Gorz.

  Vor einigen Jahren wurde ich durch die Nachricht von seinem Tod wieder an meine damalige Beschäftigung mit ihm, an meine Arbeit an der Übersetzung seines Buches, erinnert. Er hatte gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, die er in seiner Autobiografie Kay genannt hatte, im Alter von vierundachtzig Jahren Suizid begangen.