Zumindest drückt sich in diesen Frauenportraits ein paradoxes Bewahren eines Idealbildes aus, mittels künstlerischer Manipulation, die etwas von symbolischer Gewaltanwendung hat. Überhaupt ist die verfremdende Darstellung eines von Natur aus vollkommenen Objekts, eines Gesichts oder Körpers, paradox und bezieht ihre Legitimation nur vom Illusions-Charakter von Kunst, eine Illusion, die sich einige Kunst-Liebhaber viel Geld kosten lassen.
Anm.: Man kann dieses Aufschreiben selbst – wenn man von dem fehlenden Kunst-Anspruch absieht – in einem Aspekt als vergleichbar ansehen: als eine Gebrochene Wiederherstellung, als den Versuch, in Form einer Zusammen- schau auf Vergangenes, einer Rekonstruktion, wenn auch nur als schwacher Abglanz des weit zurückliegend intensiv Durchlebten, anhand von Erinne- rungen die Illusion einer Geschlossenheit zu erzeugen.
Ich habe beim Thema: Verhältnis von Illusion und Desillusionierung immer eine Szene in
einem im antiken Rom spielenden Film von F.Fellini – es war glaube ich Satyricon
– vor Augen, als sich gegen Ende die antike Szenerie, die Gebäude im Hintergrund, die Säulengänge
usw. als Täuschung entpuppt, bloss aufgemalt auf eine Zeltwand, die, als sie aufreisst, den Blick auf eine dahinter
liegende graue, trostlose Landschaft freigibt.
Und insbesondere werde ich an meinen Abituraufsatz über Kafkas Erzählung Auf der Galerie
erinnert, mit dem ich im Lehrerkollegium meiner Schule einiges Aufsehen erregt hatte; es war das Gegeneinander
von Illusion, der scheinbar vollendeten Darbietung der Kunstreiterin, und dem desillusionierenden Blick auf die
Bedingungen, unter denen ihre Kunst zustande kommt, die Schinderei, ihre masochistische Unterwer- fung unter den
Willen des Impresarios, was damals bei der Behandlung des Kafka'schen Textes in mir offenbar eine Art Feuerwerk an
Einfällen entzündet hat.
Dann in meiner von Lesewut geprägten Studentenzeit erhielt mein pessimistischer Ausblick auf die Zukunft,
der sich seit der Schulzeit – einhergehend mit meiner Abkehr von der Religion – folgerichtig aus der
desillusionierten Weltsicht ergab, durch Lektüre von Werken wie Camus' Der Mythos von Sisyphos,
S.Freuds Das Unbehagen in der Kultur sowie Die Zukunft einer Illusion weiteren
Auftrieb. Komplementär dazu: Werke der belletristischen Weltliteratur wie Balzacs Romanzyklus
Illusions Perdues, in denen der Autor die schrittweise Desillusionierung des Protagonisten Lucien
de Rubempré "zelebriert", Kafkas Romane Amerika, Der Prozess, Das Schloss sowie Camus'
Der Fremde.