Wie ich schon erwähnt habe, sind mir ein paar Träume bzw. Bruchstücke davon, in Erinnerung geblieben. Je mehr ich bei meinem Schreiben Pausen einlege und mein Gedächtnis bemühe, desto mehr Träume fallen mir ein, bei denen ich allerdings nicht sicher bin, ob sie alle in die Zeit der ersten Analyse gehören. Was bringt überhaupt eine Aneinanderreihung von aus dem damaligen Zusammenhang gerissenen Traum- Erinnerungen? Lässt sich damit etwas demonstrieren? Zumindest scheinen sie mir soetwas wie Wegmarken für das darzustellen, was im psychischen Prozess der Analyse abgelaufen ist, dass sie aus diesem Grund eine Bedeutung für mich behalten haben, als wichtiger Teil der Analyse und dessen, was sie in mir bewirkt hat. Im Rahmen der Analyse stellten sie nach der bekannten Lehrmeinung der Freud'schen Psychoanalyse die Art der Übertragung dar, die ich in der Beziehung zur Analytikerin entwickelt hatte. Mein erster Traum, den ich, wenn ich mich recht erinnere, zur ersten Stunde "mitgebracht" habe:

   Ein Angsttraum. Ich erinnere mich nur an das Ende: ich war auf der Flucht vor einem Raubtier, ich meine, es war ein Tiger; das Ganze lief in einer fremdartigen Landschaft, in einer Schlucht mit tropischer Vegetation wie im Dschungel ab, die – wohl nur in meiner Erinnerung – ein wenig wirkte wie eine Filmkulisse. Ich lief auf einem schmalen durch das Gestrüpp führenden Pfad, und an einer Stelle, an der sich die Schlucht immer mehr verengte, tauchte vor mir ein Gewässer auf, ein See oder ein Fluss, und als der Tiger mich fast erreicht hatte, konnte ich mich auf eine Erhöhung über dem Fluss und durch einen Sprung ins Wasser retten –; oder der Traum brach an dieser Stelle ab und das war die "Rettung".

    Zu der Aussage dieses Traums brauche ich, so denke ich, nicht viel zu sagen: er wurde als Ausdruck meiner Angst vor dem Unbekannten Weiblichen gedeutet, das die Analytikerin in der Übertragung für mich darstellte; ich weiss nicht mehr, ob sie bei dieser Gelegenheit oder später einmal, ganz Freud'sch, die Vagina dentata, die "Vagina mit den Zähnen", zur Deutung herangezogen hat. [Doch, im Nachhinein, beim Wiederlesen, bin ich mir ziemlich sicher.]

     Ein weiterer Traum, der in die Anfangszeit fällt: ich sehe ein grosses Kriegsschiff auf dem Wasser, befinde mich vielleicht selbst darauf. An Deck sind mehrere kleine Beiboote – etwa vier oder fünf –, die auch Rettungsboote sein könnten. Dann geschieht etwas Abruptes, oder es kündigt sich ein bedrohliches Ereignis an, woraufhin die kleinen Boote vom Deck ins Wasser rutschen bzw. geschleudert werden. Sie schwimmen dann anscheinend um das grosse Schiff herum. [In einer vor über zwanzig Jahren entstandenen Aufzeichnung, die mir kürzlich wieder in die Hände fiel, liest es sich so, dass ich es offenbar selbst bin, der sie vom Schiff hinunterbefördert.]
    Dass die Boote auch an Rettungsboote erinnern, scheint einen bevorstehenden Untergang des Schiffs anzudeuten. Andererseits erinnert die Szene – Mutterschiff mit kleineren Booten – an eine Entenmutter mit ihren Küken, und scheint die Mutter mit der Familie, den vier Kindern, aber ohne den Vater, darzustellen – unsere Mutter als dominante Eiserne Lady und machtvolle Herrscherin in der Familie.