Rote Riesen, Schwarze Löcher der Erinnerung ...

nicht schwarz genug, als dass nicht etwas bis heute Spuren hinterliesse


                                  "Da haben Sie aber keine gute Figur gemacht!" –
                                  (Als ob es darauf ankäme, eine gute Figur zu machen!)


    Nein, an meine Schulzeit möchte ich mich hier nicht erinnern. Und auch nicht an das unsägliche Semester in K., gleich nach dem Abi, an die unbefriedigenden Begeg- nungen mit M. und die tiefe Enttäuschung am Ende – nun sind sie aber doch da, die Erinnerungen –; Halt, Stop, keine Leiden des Jungen Zöglings Törless; diese Spur in die Vergangenheit sollte ich jetzt nicht aufnehmen! Da gibt es, wie sollte es auch anders sein, genügend andere unerfreuliche, unangenehme Empfindungen auslösende Erinne- rungen. Und es geht bzw. ging nicht immer nur um Frauen. Da war zum Beispiel ein Aufenthalt in München wegen eines Praktikums im Zentrallabor von Siemens in den Semesterferien – es könnte 1966, nach bestandenem Vordiplom, gewesen sein –, eine, wenn ich mich recht erinnere, Voraussetzung für das Praktikum, eigentlich acht-wöchig, von Mitte Februar bis April, das von mir aber vorzeitig abgebrochen wurde; ausser einer Reihe von technischen Missgeschicken war es, wegen meiner Anfälligkeit fast vor- hersehbar, eine Erkältung, die mir die München-Erfahrung zusätzlich verleidete.

  Eines der Missgeschicke war durch den Fehler von jemand anderem verur- sacht worden: von einem Laboranten, der einen ganzen Satz von Widerständen fehlerhaft montiert und dabei kurzgeschlossen hatte; einige hatte ich in gutem Glauben ungeprüft für eine Test-Anordnung verwendet, was zu einer Über- lastung und dadurch zur Zerstörung mehrerer zu Versuchszwecken aus den USA bezogener Leistungstransistoren führte; ein anderes durch mein eigenes Ungeschick, als beim Drehen an der Trimm-Schraube eines Spulenkerns dieser sich festfrass und das ganze Teil dadurch unbrauchbar wurde. Hier kündigte sich schon an, was mir viele Jahre später, im K.-Institut, an Fehlern im Umgang mit Apparaturen unterlaufen sollte, weshalb ich einmal von einem Kollegen mit der wenig schmeichelhaften Bezeichnung "Katastrophen-Physiker" bedacht wurde.

    Der Hader mit mir selbst, der Frust wegen des Ansehensverlusts, als den ich diese Labor-Erfahrung erlebt hatte – und der sich auch in der Zukunft belastend aus- wirken konnte –, hatte, neben der Beeinträchtigung durch die Erkältung, einen wesent- lichen Anteil daran, dass ich schliesslich demoralisiert das Handtuch warf und das Prak- tikum vorzeitig abbrach. Diese Erfahrung stand exemplarisch für meine psycho-soma- tische Conditio, die mangelnde Widerstandsfähigkeit gegen Erkältungen und Bronchitis, ein Handicap, das ich für mein Scheitern verantwortlich machte. Darüber hinaus wurde ich durch sie in meinem pessimistischen Vorgefühl bestärkt, dass ich für diese Art von Berufsleben, wie ich es in dem Praktikum kennengelernt hatte, ungeeignet war.